Wenn man Wien mit der Eisenbahn in Richtung Westen verlässt, begegnet einem unweit der Stadtgrenze, auf Höhe des Bahnhofs Unterpurkersdorf, an der Nordseite der Geleise ein unbekanntes Objekt. Ein fensterloser, auf einem Sockel schwebender Baukörper ohne Hinweis auf Zweck und Funktion, bekleidet mit einem industriell erzeugten Ornament aus Aluminium, zwingt den aufmerksamen Bahngast zu einem Zwischenstopp, den er nicht bereuen wird.
Ein Ornament sollte es werden
Bei der Gestaltung der Fassade eines Technikgebäudes der ÖBB beweist der Architekt Günter Mohr, wie sich die Theorie von Adolf Loos durch eine individuelle, industrielle Fertigung von Ornamenten widerlegen lässt. Loos gilt als Pionier der modernen Architektur und vertrat die Meinung, dass Ornamente vergeudete Arbeitskraft, Material und Kapital seien. Er hat sie sogar als Verbrechen bezeichnet. Doch Loos konnte damals nicht ahnen, welche Optionen sich der Baukunst 110 Jahre später durch neue Technologien und Materialien eröffnen würden.
Zur richtigen Zeit am richtigen Ort
Günter Mohr stieß auf der Suche nach einer wirtschaftlichen, robusten und ästhetischen Fassadenlösung auf die PREFA Strangpressprofile. Diese sind als Profilwelle sowie als Zackenprofil standardmäßig erhältlich.
Anlässlich der PREFARENZEN Buchpräsentation im November 2019 erfuhr er vom PREFA Objektberater Christian Wirth erstmals von der Möglichkeit, die Strangpressprofile bei entsprechender Mindestmenge sowie Vorlaufzeit für technische Abklärungen auch individuell designen zu können, in PREFA Qualität sozusagen personalisiert produzieren zu lassen.
Gehört – getan
Diese neue Möglichkeit ließ ihn nicht mehr los. Bereits am nächsten Tag skizzierte er sein erstes aus fünf offenen Kreisen zusammengesetztes Ornament. In Teamarbeit wurde das Profil im Detail konstruiert und an die technischen Vorgaben der Strangpressanlage angepasst. Der Feinschliff kam von den Experten bei PREFA, die auch die ersten Prototypen für die praktische Erprobung gedruckt haben.
Begeisterte Kunden, gelungenes Projekt
Die Präsentation beim Kunden löste bei allen Beteiligten große Begeisterung aus. Nicht zuletzt auch deshalb, weil das Profil die Überbrückung der abgerundeten Ecken der Fassade perfekt beherrscht und durch seine verdeckte Befestigung nahtlos ineinandergreift.
In Folge wurden die Profile in Längen von drei Metern produziert, in der Wunschfarbe pulverbeschichtet und etwa drei Monate später auf die Unterkonstruktion der sechs Meter hohen Fassade von einem Montageteam der Firma TKSA montiert.
Nachhaltig und pflegeleicht
Mit diesem Experiment scheint es gelungen zu sein, die Theorie von Adolf Loos endgültig zu entkräften. Sowohl bei der Produktion als auch bei der Montage dieses großflächigen Ornaments gab es einen relativ geringen Einsatz von menschlicher Arbeitszeit. Das Material ist unverwüstlich, aber zu 100% recyclingfähig. Und das Erscheinungsbild zeitlos. Die Frage, wie sich diese Oberfläche gegenüber der Verschmutzung verhält, konnte in der kurzen Zeit noch nicht geklärt werden. „Wir gehen davon aus, dass es grundsätzlich eine Art Selbstreinigung durch den Regen geben wird. In unbestimmten Abständen wird dem Gebäude eine Hochdruckreinigung auch ganz gut tun“, so die Meinung des Architekten.
Termin für Interessierte
Unter dem Titel „Freie Form für die Hülle der ÖBB-Technik in Purkersdorf“ fand im Rahmen des Architekturfestivals TURN ON 2021 am Freitag den 5. März 2021 im Großen Sendesaal im ORF RadioKulturhaus Wien ein Dialog zwischen Architekt Günter Mohr und Christian Wirth von PREFA statt.
Alle Vorträge wurden per Livestream übertragen.
Link: www.turn-on.at/turn-on_21
Publikum vor Ort war wegen COVID-19 nicht möglich.
Technikgebäude Unterpurkersdorf - Details
Land: |
Österreich |
Objekt, Ort: |
Technikgebäude, Unterpurkersdorf |
Kategorie: |
Neubau |
Architektur: |
Mohr Architekten ZT-GmbH |
Verarbeiter: |
TKSA GmbH |
Material: |
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Farbe: |
Bronze - pulverbeschichtet |
weitere Infos:
- Text: Carl Bender
- Fotos: © PREFA / Martin Croce